Schwuler Klassiker: „Engel in Amerika“ am Theater Lübeck

Tony Kushners Drama „Engel in Amerika“ ist eines der bekanntesten Theaterstücke mit queerem Inhalt. Der Autor wurde für sein Werk, das 1991 erschien, vielfach ausgezeichnet, erhielt unter anderem den bekannten Pulitzer-Preis. Das Theater Lübeck zeigt die „schwule Fantasie über nationale Themen“ noch bis zum 24. April.

Die Achtziger im Theater Lübeck

Der Conférencier Herr Lüg (Astrid Färber) betritt die Bühne der Kammerspiele zu Synthieklängen. Der Ansager trägt einen strahlenden Pailettenanzug, in einem Glaskasten auf der Bühne räkeln sich halbnackte Männer. Sie wirken, als hätten sie die Orientierung verloren. Willkommen in den Achtzigerjahren! Willkommen in „Engel in Amerika“!

Wirklich perfide ist die Inszenierung von Tony Kushners vielfach ausgezeichnetem Stück nicht. Marco Štorman, der für den Abend verantwortlich zeichnet und in den Achtzigern noch ein Kind war, setzt auf Discokugeln, die das Pop- und Aids-Jahrzehnt symbolisieren sollen. Ebenso schlank ist Štormans gesamte Inszenierung: Er rauscht in knapp zwei Stunden durch Kushners episches Stück. Regisseur Mike Nichols hatte aus dem Stoff 2003 noch eine sechsstündige Miniserie gemacht. Aber Fernsehen funktioniert eben auch anders als Theater.

Korruption, Sex, Liebe, Aids

Eine wirkliche Einführung leistet sich „Engel in Amerika“ nicht. Jüngere Zuschauer sollten sich vor dem Theaterbesuch vielleicht besser noch einmal über die zentralen Themen der Achtziger informieren. Das Schauspiel um Korruption, Sex, Machtmissbrauch, Liebe, Aids, Lebenslügen und tief sitzende Vorurteile kann trotzdem punkten. Und das liegt vor allem an den Schauspielern. Während Will Workman (Prior), Astrid Färber (Herr Lüg) und Robert Brandt gewohnt souverän in dem Stück aufgehen, können Heiner Kock als Louis und Peter Elter als Joe wirklich begeistern. Die beiden jungen Schauspieler lassen diese „Engel in Amerika“ fliegen. Oliver Pries

„Engel in Amerika“ ist derzeit ausgesetzt, das Theater Lübeck ist geschlossen. Wir informieren Euch über Termine, wenn das Theater wieder öffnet! Weitere Infos auf www.theaterluebeck.de.

(Foto: Falk von Traubenberg)

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